Montag, 2. Juli 2012

Padre Pio



There are more things in heaven and earth, Horatio,
Than are dreamt of in your philosophy.
                                                                    (I,Sc V, 175, Hamlet), William Shakespeare


Francesco Forgione - Padre Pio da Pietrelcina, San 
Giovanni Rotondo

Wer Padre Pio kennen lernen möchte, sollte von vornherein auf außergewöhnliche Ereignisse, Begebenheiten, Zustände und Geschichten gefasst sein.
Da die biographischen Daten über sein Leben zweitrangig sind, möchte ich sie in raschen Schritten zusammenfassen, um lediglich einige Hintergründe zu vermitteln.
Padre Pios bürgerlicher Name ist Francesco Forgione, und er stammte aus Pietrelcina, in der Provinz Benevent - die Stadt in der San Gennaro etwa 1600 Jahre vorher Bischof war.
Geboren am 25. Mai 1887 als Kind von Bauern, tritt er nach seiner Schulzeit als Novize dem Kapuzinerorden bei, legt 1907 die Gelübde ab, und wird 1910 zum Priester geweiht.
Schon während seiner Zeit als Novize (1903-1907) hatte Padre Pio - der Name wurde ihm bei seinem Beitritt als Ordensnamen verliehen - gesundheitliche Probleme, er litt an Tuberkulose.
Etwa um die Zeit seiner Priesterweihe treten bei ihm die ersten Anzeichen der Stigmatisation in Form von Hautrötungen auf, in den folgenden Jahren, bis 1918, werden Wunden an Händen, Füßen und Seite bemerkbar, die Aufsehen erregten, und dazu führten, dass medizinischen Untersuchungen von Seiten der Kirche angeordnet wurden. (Siehe dazu Ende des Artikels)
Ich möchte auf die wirklich interessanten und oftmals kontrovers diskutierten Tatsachen hinweisen, welche die Person Padre Pio ausmachen, und für seine Verehrung gesorgt haben.
Aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten, wird er zu den Charismatikern gezählt. Da ein Charismatiker ein Mensch ist, dem "Gnadengaben" zuteil wurden, dass heißt, Gnaden die nur durch die göttliche Gnade und sein Wohlwollen "geschenkt" werden, haben wir es vordergründig mit den Gnaden und Gaben des Heiligen Geistes zu tun, denn nur dieser kann - nach menschlichem Ermessen nicht fassbar oder nachvollziehbar - Gnaden erweisen und zuteil werden lassen.*1
Diese sogenannten Gaben können sich in der Materie, so wie sie bei Padre Pio zum Beispiel der Fall waren, wie folgt manifestieren:




  1. Hellsichtigkeit (In der italienischen Sprache wird in dem Zusammenhang das Wort chiaroveggenza benutzt; dazu sei zu sagen, dass es in der deutschen Übersetzung dieses Wortes vielfache Möglichkeiten gibt, welche die Fähigkeit Padre Pios im Prinzip auch wiedergeben; ich möchte erwähnen, dass die Hellsichtigkeit zusammen mit dem Scharfblick und dem Weitblick bei Padre Pio gleichermaßen zusammenfallen.) Dieser Zustand befähigte ihn dazu - Padre Pio sprach mit den Menschen und konnte während des Gespräches "Gedanken und Gefühle erfahren -, "Einblick" in die Vergangenheit und die grundätzlichen Absichten des jeweiligen Menschen zu haben. Einstweilen, wusste er sogar von Menschen, die ihn noch nicht aufgesucht hatten, oder ihn aus verschiedenen Gründen nicht aufsuchen konnte und er "besuchte" sie; (siehe dazu Bilokation)
  2. Prophetische Vorausschau
  3. Kenntnisse von Fremdsprachen die er nie erlernt oder studiert hatte (ähnlich wie bei Terese Neuman von Konnersreuth)
  4. Gabe der Bilokation
  5. Gabe der Heilung/Die Macht Wunder zu wirken
  6. Die Gnade in der Eucharestie Jesus Christus zu sehen/ Sehen der Person Christi und sämtlicher anderer Heiligen-und Engelfiguren, sowie der Gottesmutter ( siehe Terese Neumann und Anna Katherina Emmerich)*2
  7. TraumErscheinungen (d.h. im Traum Menschen zu erscheinen, und ihnen persönliche Dinge zu sagen/vermitteln)


  1. Der visuelle Kontakt mit dem Jenseits - Padre Pio und die Toten


Padre Pio hatte Zeit seines irdischen Lebens den ständigen Kontakt mit seinem Schutzengel, konnte ihn sehen und mit ihm sprechen. Darüber hinaus besaß er die Gabe die Schutzengel anderer Menschen zu sehen und mit ihnen zu sprechen. Allerdings konnte er auch dunkle Mächte wahrnehmen, und wurde von ihnen sogar auf körperliche Ebene bedrängt.


Nach dem Betrachten der oben genannten Punkte mit "nüchternem" Verstand, kann man es gut nachvollziehen, wenn man sich damit schwertut weiterzulesen. Ich mache den Vorschlag - weiterlesen! Das ist wie im Studium, selbst wenn man gerade nichts versteht, einfach beharrlich weitermachen, die Erklärungen kommen früh genug.






Zu dem Punkt Hellsichtigkeit/Scharfblick und Weitsicht möchte ich den ital. Begriff scrutare hinzufügen, dass zu deutsch etwa bedeutet: beobachten, im Sinne von durchschauen, und der im Zusammenhang mit Padre Pio erwähnt wird. Scrutare im Hinblick auf die übersinnlichen Fähigkeiten Padre Pios bedeutet, das es eigentlich eine Handlung beschreibt, die dem heute bekannten Wort scannen gleichkommt, das alle aus der Welt der mordernen Nachrichtübermittlung kennen.
Ein sogenannter Scanner kann alles was er auf einem Blatt Papier oder auf einem Bild erfasst "eins-zu-eins" auf ein anderes Blatt Papier oder Bild projiezieren; es spiegelt das Original. Padre Pio selbst sagte das zu einer Frau, zu einer sogenannten figlia spirituale, einer Schwester im Geiste während der Beichte: "Ich sehe deine Seele, so wie du dich im Spiegel betrachtest." (L'anima tua la vedo come tu ti vedi nello specchio." Aus: Appunti, S. Giovanni Rotondo, 6.9.1996, in Testimonianze, IasenzaNiro)*3
Wenn Padre Pio mit den Menschen sprach, die ihn aufsuchten, weil sie beichten wollten, oder für körperliche Heilung und Genesung für sich selbst, für Freunde und Familienangehörige baten, sowie für die Wiederherstellung und Gesundung seelischer und psychischer Fragilität, oder die nach der Suche ihres Lebensinnes und den damit verbundenen Lebensaufgaben waren, und meist alle in einem Zustand der Verzweiflung zu ihm kamen, mussten sie davon ausgehen, dass er ihren seelischen Zustand "scannen" konnte, und somit sah, was sie erlebt hatten, was sie getan hatten, was sie dachten, wollten und fühlten - wer sie wirklich waren; in den meisten Fällen, die ich im Zuge der Recherche über Padre Pio erfahren konnte, wurden diese Menschen zunächst in einem barschen und rauhen Ton von dem Pater angefahren und dann "abgefertigt" und scheinbar abgewiesen.
So ist von Fällen zu berichten, die er, obgleich sie verzweifelt und verwirrt waren, zunächst einfach mit groben Worten wegschickte. Diese schroffe Geste war immer mit dem Zweck verbunden, dass die Menschen in ihrem seelischen Zustand auf einem Prozess der Introspektion und Selbstwahrnehmung und somit Läuterung "geschickt" wurden. Sie hatten dann in den kommenden Wochen, Monaten oder manchmal sogar Jahre einen nicht einfachen Weg zu sich selbst zu gehen, der aber der einzige zu sein schien, um zu dem zu gelangen, das ihnen der Geist Gottes durch den unfreundlichen und rauhen Ton des süditalienischen Kapuzinerpaters zukommen ließ.


Somit ist die Gabe der Hellsichtigkeit Padre Pios eine Gnade die mit allen weiteren Gnaden zusammengehen und gehören. Die Gnade der scrutazione dell'anima, also der Erkennung und Durchschauung der Seele des Menschen, dem Durchblick in ihn und in seine Absichten, führt unweigerlich die anderen göttlichen Gnaden mit sich (und nach sich), und zwar die richtungsweisende (im Sinne der spirituellen Entwicklung und Reifeprozesses des jeweiligen Menschen, der bei Padre Pio Hilfe suchte) Hellsichtigkeit, die Gabe des prophetischen Sprechens (siehe weiter unten 1Kor 12,11 / 1 Kor 12,4), die Gabe des Rates (siehe Thomas von Aquin, die Gaben des Heiligen Geistes), und all die weiteren oben genannten "Gnadengaben" Padre Pios.
Der grundsätzliche Punkt, um sich diesem Geheimnis zu näheren, ist, dass es sich - bei allen Gaben - um ein Geschenk handelt, dass heisst: derjenige der sie empfängt, empfängt sie nicht um seinetwillen, - damit er etwa schön, reich und berühmt wird -, sondern um der Anderen willen, d.h. GRATIAE GRATIS DATAE, sie werden der Person (wie z.B. Padre Pio) geschenkt, damit dieser sie den anderen Menschen weiterschenkt und sie ihnen zu gute kommen lässt; dieser steht, in allem was er tut und sagt im Dienste der Menschen. (1Pt 4, 10).
Das ist wie bei dem Prinzip Arzt-Patient: der Mediziner versucht mit den ihm gegebenen Mitteln und Erkenntnissen alles, um dem Kranken zu helfen oder vielleicht sogar zu heilen. Im Idealfall tut er es nicht um seinetwillen, sodern um des Nächsten willen.




Nach dem Glauben der katholischen Kirche, gibt es zwei sogenannte "Kanäle" durch die der Geist Gottes, der Heilige Geist, fließt und sich manifestiert: das sind zum einen die Sakramente, und zum anderen die Charismen*4.
Die Charismen - Gnadengaben des Heiligen Geistes - sind keine "katholische Erfindung", bereits im Judentum waren sie bekannt. So hat der Prophet Jesaja sechs Wesenszüge des Heiligen Geistes vorausgesagt:
"Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor... Der Geist des Herrn lässt sich auf auf ihm nieder: Der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht." [...] (Jes,11,2)


Im NT gibt es verschiedene Listen der Gaben des Heiligen Geistes und zwar zu finden in
Röm 12,6
Kor 12,8-10
Kor 12,28-31
Eph 4,7
1 Petr 4, 9-11










Laut Kor 12, 8-10 sind die Gaben des Heiligen Geistes
  1. Mitteilung von Weisheit
  2. Vermittlung von Erkenntnis
  3. Glaubenskraft
  4. Krankheiten heilen
  5. Wunderkräfte
  6. Prophetisches Reden
  7. Unterscheidung der Geister
  8. Zungenreden und deren Deutung


Thomas von Aquin sagt in seinen Studien über die Macht des Heiligen Geistes folgendes: "In die ewige Seligkeit führt (nur) der Heilige Geist, dem zu gehorchen und zu folgen wir durch die Gaben vervollkommnet werden" (Summa Theologiae I-II, 69,1)
Die damit verbundenen Verben "führen", "hören", "folgen", vor allem aber der Heilige Geist als Prinzip der Bewegung vermitteln uns einen subtsantiellen Teil dessen, was die Gnaden des Geistes Jesus Christi vermögen, und woraus die Lehre Christi in ihrem Kern besteht.
So hat sich, nach dem Kirchenlehrer Thomas von Aquin, in der katholischen Lehre der Gaben des Heiligen Geistes folgende Zusammenstellung ergeben, die in ihrer Reihenfolge ihren Stellenwert erkennbar macht:
  1. Das donum intellectus (Einsicht/ Verstand)
  2. Das donum scientiae (Erlangung von Wissen(schaft) mittels der Macht des göttlichen Geistes/ heilige Wissenschaft)
  3. Das donum sapientiae (Weisheit)
  4. Das donum consilii (Rat)
  5. Das donum pietatis (Frömmigkeit)
  6. Das donum fortitudinis (Stärke)
  7. Das donum timoris (Gottesfurcht)
*5




Die Sakramentenlehre Augustinus beinhaltet im Grunde eine große Spannbreite, da sie entsprechend dem griech.Wort mysterion alles das bezeichnet, was in Relation zur göttlichen Heilsordnung steht, da sie religiöse Riten und Geheimnisse bezeichnen können; daher führen die Sakramente den Menschen vom Äußeren, vom Sinnlichen, heute sagen wir "materiellen", zum inneren Geheimnis hin.
Heutzutage ist die Bedeutung des oder der Sakramente fast schon vergessen, werden nicht mehr verstanden, weil unsere Aufmerksamkeit auf dem Äußeren und nicht auf dem Inneren liegt.
Viele wissen nicht was die Eucharestie, die Beichte, die Taufe, die Firmung, die Weihe, die Ehe, die Sterbesakrament (Viatikum) in ihrer Substanz, in ihrem Kern bedeuten.
In ihnen allen ist das Kommen Christi, d.h. das sacramentum incarnationis, enthalten. Wenn wir also die Eucharestie empfangen, ist das der höchste Ausdruck mit Christus vereint zu sein, wenn wir die Taufe empfangen, sind wir durch das lebendige Wasser dessen Spender nur Christus ist, von allem Dunklen befreit, wenn wir die Firmung empfangen, schließt sich der Kreis der Taufe auf den Tod und den Sieg über den Tod Jesu, da wir durch seine Liebe die Macht erhalten haben alle Widersacherkräfte zu besiegen - wie Jesus es als Gottmensch getan hat; wenn wir in der Beichte die Absolution erhalten, dann empfangen wir den Heiligen Geist, der durch seine für uns Menschen unerforschliche Gnade der Liebe alles Dunkle in uns vergibt und durchleuchtet, wenn wir die Ehe oder die Priesterweihe empfangen, dann haben wir den Geist Gottes in uns und in unsrere Mitte, als Bindeglied zwischen den Liebenden.
Somit erklärt sich, weshalb Sakramente unauslöschlisch sind. Allen voran die Taufe, die Firmung und die Priesterweihe.
Denn: das Ursakrament ist Jesus Christus selbst.*6


*1,3,4, P. Marcellino IasenzaNiro, "Il Padre", San Pio da Pietrelcina, Sacerdote Carismatico, II, San Giovanni Rotondo (FG): 2006
*2 Anna Katherina Emmerick, Clemens Brentano, Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus; Visionen der Therese Neuman, Johannes Steiner, Regensburg:2007
*5 Die Gaben des Heiligen Geistes nach Thomas von Aquin, Ulrich Horst, Berlin: 2001
*6 Augustinus, Wilhelms Geerlings, Herder Spektrum, Freiburg im Breisgau












Scrutazione dell'Anima/ Einblick in die Seele und Handlungen


(Aus P. Marcellino IasenzaNiro, "Il Padre", San Pio da Pietrelcina, Sacerdote Carismatico, II Cronistoria del Convento, S. 391-392, 8. Februar 1958):
Der junge Lino De Pieri aus Padova, nähert sich Padre Pio in der Absicht seinen Segen zu empfangen, aber der Pater blickt ihn streng an und weist ihn mit folgenden Worten ab: "Nimm erst die Mitgliedskarte der kommunistischen Partei aus deiner Brieftasche, am besten zusammen mit den Bildern der üblen Frauen, die du so sorgfältig und eifersüchtig aufbewahrst. Schämst du dich eigentlich nicht, mit solchen Bildern herumzulaufen?
Der junge Mann zittert und stammelt ein ängstliches "Ja".
Und der Pater weiter: "Und da du nun entschlossen bist, sauber zu machen, wenn du nachher nach Hause kommst, zerreise auch gleich die anderen schamlosen Dinge, die du im Schubfach deines Schreibtisches aufbewahrst."


Scrutazione e direzione spirituale/ Richtungsgebender Einblick und spirituelle Führung (vgl. ebd. S. 249)
Im Jahre 1951 hatte Mario Sanci ernsthafte Schwierigkeiten mit seiner Sehkraft. Er studierte zu diesem Zeitpunkt, und befürchtete, dass er wegen seiner schwächer werdenden Augen, das Studium abbrechen müsse. Irgendwie erfuhr er, dass er sich mit "Gewalt, Zwang und Heftigkeit an Jesus Christus wenden müsse", um Besserung seiner Lage zu erfahren.
Er hatte im Grunde missverstanden, was eigentlich damit gemeint war: ein sich Widmen im Gebet und sich Überlassen an Gott, durch eine konstante Versenkung in Meditation, jedoch ohne etwas zu erwarten - in bescheidenster Haltung.
Er schrieb Padre Pio einen Brief, indem er ihm seine Situation schilderte, und schloss mit den Worten ab: "Padre, ich verlange ein Wunder von Gott."
Einige Zeit später entschloss er sich persönlich nach S. Giovanni Rotondo zu reisen, um dem Pater kennen zu lernen und ihm selbst von seiner Erwartung nach der nun endlich eintretenden "Grazia" (d.h. Wunder) zu überzeugen. Am folgenden Tag, gelangte er irgendwie in die Sakristei, konnte aber nicht vorstellig werden, um mit dem Pater zu sprechen, da er von unzähligen Menschen umgeben war, die wie immer versuchten, Padre Pio zu berühren, um seinen Segen zu empfangen, oder auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln.
Als der Pater an ihm vorrüberging, hörte der junge Mann ihn aber sagen:
"Was verlangst du denn? Kannst du etwa verlangen?"


Das Lesen von Gedanken und Gefühlen (vgl. ebd. S.252-54)
Ein Priester hatte sich auf den Weg gemacht, um bei Padre Pio zu beichten und sich geistigen Beistand zu erbeten. Auf der Fahrt im Bus von Foggia nach San Giovanni Rotondo, versuchte er auf der etwa einstündigen Reise seine Gedanken zu ordnen, um sich entsprechend auf das Gespräch mit dem Padre vorzubereiten. Er bat den Heiligen Geist, um Durchlichtung eines jeden Winkels seines Geistes und seiner Seele, damit er auch nichts vergessen möge, was ihm wichtig und erwähnenswert erschien. Als sich der Bus auf dem letzten Trakt der Reise befand - man konnte die wuchtigen Berge des Gargano aus der Ebene von Foggia kommend sehen - und beim Anblick San Giovanni Rotondos am Berg, war der Geistliche von der Schönheit der Natur dieses Landstriches in Apulien so beeindruckt, dass er seine Innenansicht abschloss und zu sich selbst in Gedanken sprach: Dieses spirituelle Leben kommt mir manchmal vor wie das Hochklettern an Glas.
Im convento angekommen, ging er zu dem jeweiligen Bruder, der ihn zur Beichte melden sollte. (Prinzipiell war es so, dass man sich in den 50er und 60er Jahren für eine Beichte bei Padre Pio Wochen vorher in eine Warteliste eintragen musste.)
Als die Reihe an ihn kam, trat er in den Beichtstuhl ein, begrüßte Padre Pio und begann mit dem Beichtgespräch. Nach dem Gespräch und der Erteilung der Absolution, war dieser mit freudigem Gefühl erfüllt, die entsprechenden Antworten und Ratschläge erhalten zu haben. Beim Verlassen des Confessionale allerindgs schaute Padre Pio den Priester noch einmal an und bemerkte belustigt: "also, das spirituelle Leben erschient dir manchmal als würde man an Glas hochklettern?"
Dem Priester verschlug es die Sprache, und er konnte lediglich die Erklärung darin finden, dass durch Padre Pio tatsächlich der Gottes Geist wirkte und sprach.


Chiaroveggenza/ Hellsichtigkeit
Die Eigenschaft der Hellsichtigkeit wird heutzutage in unserem modernen Sprachgebrauch oftmals mit der Beschreibung "stark intuitiv" gleichgesetzt. Was bei Padre Pio zutraf, und so auch bei anderen Charismatikern, Sehern und Heiligen, die diese Gabe haben, so kann nicht mehr von Intuition die Rede sein, sondern von einer Fähigkeit die weit darüber hinaus geht, und somit nicht natürlichen Ursprungs ist, also eine Eigenheit des Charakters ist, sondern einer übernatürlichen Befähigung entspricht, da sie der Quelle der Liebe Gottes entpringt.










Nicht immer wurden die Ratschläge Padre Pios von den Menschen beherzigt und befolgt.
Im Mai 1968 ging Giuseppe Barbagalli aus Catania nach S. Giovanni Rotondo, um bei ihm zu beichten. Nachdem dieser die Absolution erhalten hatte, sagte er zu ihm: Padre, ich habe da ein Mädchen kennengelernt, die würde ich gern heiraten."
Und Padre Pio: " Hast du ihr das gesagt, hast du mit ihr gesprochen?"
GB: "Nein, Padre."
PP erwiderte: "Und worauf wartest du, dass sie zu dir kommt, ohne davon zu wissen?"
Giuseppe kehrte nach hause zurück, aber aufgrund seiner Schüchternheit, fiel es ihm schwer die Angelegenheit anzugehen. Im August des selben Jahres, einen Monat bevor Pader Pio verstarb, kehrte er nach San Giovanni zurück, ging erneut zur Beichte und gestand: "Padre, ich habe immer noch nicht mit dem Mädchen gesprochen."
PP antwortete: "Was willst du ihr denn jetzt noch sagen?!"
Dann, als er sich nochmal dem Jungen zuwandte, bemerkte der junge Mann, dass ihn der Pater mit einem seltsamen Blick musterte der "wie durch ihn hindurch in die Ferne" ging, und plötzlich anfing in einer für den Jungen unbekannten Sprache zu sprechen, die auch keine Ähnlichkeit aufwies mit irgendeiner ihm bekannten mordernen oder altertümlichen Sprache. Dann sagt Padre Pio zu ihm: "Bleibe standhaft und du wirst Hilfe erfahren."
Von der mysteriösen Sprache verstand der junge Mann nichts, aber er fragte sich, wieso er dem Mädchen nichts mehr sagen brauche.
Die Verunsicherung wich, als er, zurück in Catania erfuhr, dass sich das Mädchen kurz zuvor verlobt hatte.
Kurze Zeit später lernte er schließlich die Frau kennen, die er auch später heiratete, und die von ihm zwei Kinder bekam: Francesco und Chiara. Als die Kinder noch klein waren, erkrankte seine Frau schwer an MS. Der Krankheitsverlauf war entmutigend (1968!) und sie konnte sich bald nur noch im Rollstuhl fortbewegen.
In diesen schweren Stunden seines Lebens vertiefte sich die Bindung des Mannes mit Padre Pio noch mehr, obgleich dieser schon nicht mehr unter den Lebenden war; im Gebet mit ihm vereint, verstand er allmählich die letzten Wort des Heiligen, die ihm dieser zum Schluß auf den Weg gegeben hatte, und sie wurden sein spiritueller und geistiger Beistand in den dunklen Stunden.
(Aus Testimonianze, S.269-70, Giuseppe Barbagallo, Giarre (CT) 25.04.1998)




Eine junge Frau die verlobt war, geht eines Tages zu Padre Pio und erzählt ihm während der Beichte ihr heftigen Schwierigkeiten, die sie in ihrer Beziehung erfährt. Der Padre hört aufmerksam zu und sagt abschließend: "Lascialo, che non è fatto per te." - Lass ihn, der ist nicht für dich bestimmt.
Nach Hause zurückgekehrt, hat sie nicht den Mut und traut sich einfach nicht, den Verlobten zu verlassen. Sie führt die Beziehung weiter, aber die Unstimmigkeiten spitzen sich zu, bis es schließlich dazu kommt, dass er sie verlässt.
Das Mädchen ist nun schier verzweifelt und kehrt zum Padre zurück. Als die Reihe an sie kommt, nähert sie sich dem confessionale, aber als Padre Pio das Türchen öffnet hat sie nicht die geringste Chance etwas zu sagen, denn er faucht sie gleich in neapolitanischem Dialekt an: " eh fatt' a mode tuje, e mo vatten'." - Hast es ja so gemacht wie du es wolltest, also geh jetzt!
(Aus Testimonianze, S. 292, Ippolita Ricciardi, Foggia 22.12.1998)


Kenntnisse von Fremdsprachen die nie erlernt worden waren
Zu diesem Punkt könnte man schier entlose Begebenheiten aufzählen; jene die mich am meisten beeindruckt haben sind die Zeugnisse der amerikanischen Soldaten, die in den Kriegswirren in San Giovanni Rotondo angespült wurden, und die Gelegenheit bekamen bei dem Padre beichten zu können. Nach den Erinnerungen und Aufzeichnungen einer Amerikanerin, Mary Pyle, - die nach ihrer ersten Begegnung mit dem Padre beschloss ihrem seelenlosen Leben ein Ende zu setzen, und nach San Giovanni umzog, um in seiner Nähe zu leben, - entnimmt man die unzähligen Zeugnisse der jungen Amerikaner, welche - aus sämtlichen Gegenden der USA in englischer Sprache mit der jeweiligen sprachlichen Varietät, die es in der Welt der englischen Sprache nun mal gibt, mit dem Padre probemlos kommunizieren konnten. Beinahe jedesmal befragte Pyle die Männer, welche aus der Beichte kamen, weil sie diesem Phänomen fassungslos gegenüberstand; sie fragte dann: "Wie habt ihr denn miteinander sprechen können? Er spricht doch überhaupt kein Englisch!" Die häufigtse Antwort, die sie zu hören bekam war:"Ok, das ist mir nicht aufgefallen, er konnte mir alles sagen, was mir wichtig war!"*7
*7 Aus Testimonianze, S. 297, Dorothy M. Gaudiose, Maria l'americana. La vita di Mary Pyle all'ombra di Padre Pio, Ed. San Paolo 1995, 117.


Eine andere Geschichte hat mich sehr berührt. Dazu muss man wissen, dass die italienische Sprache, die sogenannte Hochsprache, so wie wir es z.B. von der deutschen Hochsprache kennen, im grunde in Italien erst durch das Medium des TVs jedem "zugänglich" gemacht worden ist. Die italienische Hochsprache (genannt Standarditalienisch), ist immer mit Regionalismen verbunden, und weist durch spezifische Dialekte der einzelnen Provinzen, Städte und Dörfer unzählige Varietäten auf. Das bedeutet, die Mundart/ Dialekt im Ort X kann eine komplett andere sein als die im Ort Y, die nur 5 km voneinander entfernt sind.
Die italienische Sprachlandschaft gilt deswegen (nach wie vor) als EL-Dorado für alle Sprachwissenschaftler der Romanistik.
In einer Zeit also, als das Fernsehen nicht die Macht über die Menschen hatte, gab es vor allem für die einfache Bevölkerung, wenn sie nicht durch die Schule eine entsprechende Bildung erfahren hatte, keine Chance in Italienisch zu kommunizieren. Das konnte dazu führen, dass Dialekte, die sehr von der italienischen Sprache abwichen, kaum oder überhaupt nicht verständlich waren. Ein Sizilianer oder ein Italiener aus den Abruzzen konnte nur mit Schwierigkeiten mit einem Italiener aus dem Piemont kommunizieren. Wenn sie beide "ungebildet" waren, gab es eben Probleme.
So kam eines Tages eine ältere Frau aus dem Ort S. Mauro Pascoli (FO) in der Emilia Romagna nach San Giovanni Rotondo. Eine "Landsmännin", beherbergt sie, und sie berichtete über die große Sorge die sie hatte, da sie kein Italienisch sprach, und überhaupt nicht wußte, wie sie sich nun mit Padre Pio verständigen konnte. Anita, die Landsmännin versuchte die Aufmerksamkeit der Bäuerin auf die Beichte zu lenken, und weniger auf das vermeitliche Problem. Doch die Frau dachte ständig daran, und war sehr besorgt. Als sie sich dem Beichtstuhl näherte, dachte sie noch: "Du meine Güte, was soll ich denn jetzt bloß sagen?". Da öffnete Padre Pio das Türchen des Confessionale und in dem speziellen Dialekt aus ihrem Dorf fragte er sie, seit wann sie nicht mehr gebeichtet habe. Die Frau ist wie vom Donner gerührt, dachte, man würde ihr einen Streich spielen, tritt wieder heraus und reist den Vorhang des confessionale zur Seite, um zu sehen, wer dort im Beichtstuhl sitzt: Padre Pio, der ihr wieder in ihrer Sprache antwortet: "Was denn? Statt zu beichten, fängst du jetzt hier an zu gucken?"
Danach sagte die Bäuerin zu Anita: "Hier unten (damit ist Süditalien gemeint) gibt es ja schon echt seltsame Dinge."*8
*8 (Aus Testimonianze S. 298-99, Don Probo Vaccarini, Rimini, 14.05.1998)


Bilokation
Aus der Zeit der Isolierung P.Pios Seitens der Kirche (1923-1933), die ihm untersagt hatte, die Messe zu lesen, die Menschen für jegliche Zwecke zu empfangen, und die ihm grundsätzlich ein Verbot aller Tätigkeiten als Geistlicher untersagten, stammt die folgende Erzählung.
Padre Agostino - sein Beichtvater und Seelenführer - aus S. Marco in Lamis, einem Ort wenige Kilometer von San Giovanni R. entfernt, besuchte P.Pio während dieser Zeit oft im Konvent. Bei einem dieser Besuche, am 2. Januar 1932, erzählt ihm P. Agostino von einer Reise, die er im Dezember nach Florenz unternommen hatte, um dort dem Ordensbeitritt einer lieben Freundin des Padre, Giuseppina Villani, die dann den Namen Schwester Beniamina erhielt, beizuwohnen. Padre Pio ist über seinen Bericht tief berührt. P. Agostino schreibt in seinem Tagebuch:


In Florenz erzählte mir eine Schwester des Ordens, dass ihr dort P.Pio erscheinen sei, um sie zu trösten und zu segnen, dazu wollte ich ihn persönlich befragen. Also sagte ich zu ihm: "Ich habe gehört, dass du ab und zu kurze Reisen nach Florenz machst. Stimmt das? Eine Schwester hat mir das und das erzählt, entspricht das der Wahrheit?"
"Padre, sì", antwortete P.Pio demütig.
Aber dann folgt etwas noch Unglaublicheres:
Das Gespräch zwischen den beiden geht weiter und P. Agostino fragt: "Die Schwester sagte mir, sie hätte dich gebeten auch Schwester Beniamina zu besuchen und zu segnen, und du hättest ihr geantwortet: "Non ho l'obbedienza", (diese Erlaubnis habe ich nicht), stimmt das?"
"Padre, sì".
Es sei hier festzuhalten, dass der Begriff l'obbedienza in diesem Zusammenhang Gehorsam bedeutet, und zwar dem superiore/ dem Oberen gegenüber, und heißt im Grunde, wann sich ein Bruder aus dem Konvent entfernen darf und wann nicht.
Dieses Zeugnis ist eine wichtige Erzählung, da sie dazu dient zu verstehen, dass diese "kurzen Reisen" nicht vom P. Pio sondern von "oben" geplant waren.*9
*9 (Aus Testimonianze, P.Agostino Da S. Marco in Lamis, Diario, a cura di p.Gerardo Di Flumeri, Ed. Padre Pio da Pietrelcina, S. Giovanni Rotondo, 1971,62)


Prophetische Vorausschau
Die folgenden Zeugnisse sind fast schon unheimliche Geschichten.
Einige junge Mädchen aus San Giovanni Rotondo begaben sich zu einem Treffen der Gifra, das ist die Gioventù Francescana d'Italia. Sie lernten dort viele Menschen kennen, und schlossen Freundschaften. Darunter war auch eine Frau aus Trieste, die sich sehr für Padre Pio interessierte, und viel über ihn erfahren wollte. Eines Tages gestand sie: "Ich gehe nie zur Beichte, weil die Menschen die sich in der Nähe des Beichtstuhls befinden, alles mithören." Nach der Zusammenkunft wollte sie die Adressen der Mädchen haben, die sie als Glückspilze betrachtete, da die Mädchen in der Nähe eines Heiligen lebten.
Kurze Zeit nachdem die Mädchen nach Hause zurückgekehrt waren, erhielten sie einen Brief von dieser Frau, die um dringende Hilfe und um Fürsprache Padre Pios bat, da sie plötzlich erkrankt war: irgendetwas stimmte nicht mit ihrer Aorta.
Eines der Mädchen, Nannina, die mehr mit ihr Kontakt gehabt hatte, ging in das Konvent und sprach mit Padre Pio, der ihr sehr ernst entgegnete:






"Sag ihr, sie hat sich an mich wegen der Heilung ihres Körpers gewandt, aber nicht ihrer Seele. Am besten sie lässt die Finger von all den miesen Zeitungen und Magazinen, die sie zu hause rumliegen hat, und wendet sich jetzt heiligen Schriften zu, und betet täglich den Rosenkranz, da sie es noch schaffen kann sich zu retten. Ihr bleibt nur noch knapp ein Monat zu leben."
Nannina musste all ihren Mut aufbringen, das der Frau zu übermitteln.
Nach einem Monat kam der Ehemann nach S. Giovanni Rotondo, der dem Padre von dem Tod seiner Frau berichten wollte. Aber auch um sich wegen seines Eingreifens zu bedanken. Padre Pio umarmte den Mann und sagte: "Sie hat es gerade noch so geschafft."*10
*10 Aus Testimonianze, Immacolata e Giovanni Russo, S. Giovanni Rotondo 2.12.1985)


Prophetische Voraussau, TraumErscheinungen/Wunder wirken
*11 Wanda Sellach erzählt: "Im November 1942 fuhr ich von Cerignola (bei Foggia) nach Turin, um dort meine Ausbildung bei dem Magistero Professionale des Institutes San Francesco in der Via Giacosa 12, aufzunehmen.
Eines Tages fand ein Flächenbombardement auf Turin statt: ich lief um mein Leben, dabei hatte ich den Eindruck, die Bomben folgten mir nach. Irgendwie hatte ich es geschafft im Collegio heil anzukommen, aber die Mutter Oberin riet uns allen, das Haus sofort zu verlassen, da es sich bereits teilweise in Brand befand und keine Möglichkeit eines Schutzes bot.
Ich lief zurück auf die Strasse, als mir plötzlich ein brennendes tragendes Teil vor die Füße fiel, ich konnte nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Es war Nacht aber die Stadt war durch das Feuer der Brände hell erleuchtet. Ich erlebte tragische und entsetzliche Szenarien, Menschen die bei lebendigem Leibe verbrannten, umherrirrende Kinder auf den Strassen, Menschen die an den Fenstern oder den Balkonen qualvoll starben. Wie ich aus dieser Hölle entkam, ist mir nicht klar. Am nächsten Tag gelangte ich irgendwie zur Wohnung meines Onkels, in der Via Berutti 6.
Einige Wochen später erhielt ich einen Brief meiner Mutter, indem sie mir von einem Traum schrieb. Sie hatte in diesem Traum einen Brief vom Padre erhalten, sie öffnete den Umschag und fand einen Zettel auf dem stand: "Kommt, ich bin hier unten, ich warte auf euch." Unterschrieben mit "P.Pio". Meine Mutter erinnerte sich an eine weitere seltsame Sache des Briefes: auf dem Zettel war etwas zu erkennen, dass aussah wie ein verblasstes Kreuz. Da sie für mich - bevor ich nach Turin abgereist war - um Schutz bei Padre Pio gebeten hatte, konnte sie sich den Traum nur so erklären, dass es eine Bestätigung ihrer Bitte war.
Als ich zurück nach Cerignola fuhr, gingen wir zu Padre Pio. Nach der Beichte erzählte meine Mutter ihm von der Gefahr in der ich mich während der Bombardierung Turins war. Sie erzählte ihm von dem Traum und fragte: "Padre, ihr habt durch den Traum mit mir gesprochen, nicht wahr?!"
PP: "Ja, wieso, verwundert dich das?"
Meine Mutter: "Padre, und dieses Kreuz?"
PP: "In der Welt gibt es viel Trauer, und das war auch für dich reserviert. Il Signore l'ha cancellato - Gott hat es gelöscht."
*12 (vgl. ebd. S. 328-29, Wanda Sellach, S. Giovanni Rotondo 30.11.1995)


Prophetische Vorrausschau und Reden/ Krankheiten heilen


Die wohl eindrucksvollste und bekannteste Geschichte, die um Padre Pio in dieser Sparte kursiert ist jene von Karol Wojtyla - Papst Johannes Paul II.


Als Johannes Paul II am 25. Mai 1987 - zur Geburtstagsfeier Padre Pios nach San Giovanni Rotondo kommt - besucht er den Ort zum dritten Mal in seinem Leben. Es sind beinahe 40 Jahre vergangen, als er zum ersten Mal als gewöhnlicher Priester an diesen verlassenen Ort in Apulien gekommen war. Damals, 1948, hatte ihm Padre Pio während der Beichte prophezeit, dass er einmal Papst werden würde.
Als Wojtyla im Jahre 1962 - bereits Bischof von Krakau - sich in Rom wegen des Zweiten Vatikanischen Konzils aufhält, erreicht ihn ein Telegramm mit einer derpimierenden Nachricht aus seiner polnischen Heimat: die Frau eines sehr guten Freundes, Andrzej Poltawski, ist plötzlich schwer erkrankt, und kämpft in der onkologischen Abteilung der Klinik in Krakau um ihr Leben. Der polnische Bischof reagiert und schreibt dem Padre nach Süditalien einen Brief, mit der Bitte um Fürsprache für diese Frau mit vier Kindern. Wanda Poltawsaka, die von diesem Brief oder von Padre Pio selbst womöglich nie etwas gehört hatte, wacht am Morgen der geplanten Op frisch und munter, und ohne Schmerzen auf. Schließlich - nach entsprechenden Untersuchungen - wird sie als "geheilt" entlassen.
In der hlg. Messe die Karol Wojtyla im November 1974 in der Krypta in San Giovanni Rotondo feierte sagte er in seiner Predigt: "Padre Pio vermittelte uns das bittere Leiden, den Tod und die Auferstehung unserers Herrn Jesus Christus, durch sein Leben und seinen Lebensweg." - Ihm lag fern, dass ihm ein anderes aber ähnliches Schicksal - das Attentat und seine schwere Erkrankung - die letzten Jahre seines eigenen Lebens kennzeichnen sollten.
Zu diesem Zeitpunkt lag die Erwählung des Slawen zum Papst noch vier Jahre von ihm entfernt, und die politische Relevanz seines Pontifiktas noch im Dunkel der Geschichte: Sein Beistand und der geistige Rückhalt den er den polnischen Werftarbeitern in den 1980er Jahren gegeben hatte, der schließlich zum Zusammenbruch des Kommunismus und zur Wende 1989 führte, und die Verständigung der Religionen bei dem ersten Treffen 1986 in Assisi, sowie die Entstehung des katholischen Weltjugendtages, die seinen Initiativen entsprang, haben ihn zum "Medienpapst" und im modernen Verständnis zum "Charismatiker" werden lassen.




Padre Pio und die Verstorbenen
....der König von England.


Aus Padre Pio und die Armen Seelen, Padre Alessio Parente, übersetzt von Alexander Wagensommer, San Giovanni Rotondo, Foggia: 2007, S. 349-50)


"Die folgende Erzählung stammt von P. Aurelio aus S. Elia a Pianisi, der Augenzeuge dieses Vorfalls wurde.
Am Abend des 5. Februar 1952 befand sich P. Aurelio zusammen mit Dr. Sanguinetti in Padre Pios Zimmer. Dr. Sanguinetti war Padre Pios Mitarbeiter beim Bau des Krankenhauses "Casa Sollievo della Sofferenza" ("Haus zur Linderung der Leiden") und überwachte den Fortgang der Arbeiten, die zu jenem Zeitpunkt schon recht weit fortgeschritten waren. Pater Pio saß an seinem Schreibtisch und die anderen beiden neben ihm auf Stühlen in der winzigen Zelle.
Man unterhielt sich über Verschiedenes. Es ging um nichts Wichtiges, nur um die üblichen Dinge, den Ablauf des Tages, das Wetter, die Arbeit.
Plötzlich unterbrach Pater Pio die Unterhaltung und sagte:
"Laßt uns für den König von England beten!"
Er fügte nichts hinzu. Er faltete die Arme über dem Schreibtisch, legte den Kopf darauf und versank eine Zeitlang in Schweigen.
Die anderen sahen sich verwundert an und fragten sich, was Pater Pio wohl gemeint haben konnte, indem er so unvermittelt auf eine Person zu sprechen kam, die mit ihrem Alltag, ihrem Land und auch mit dem katholischen Glauben nichts zu tun hatte: den König von England, Oberhaupt der anglikanischen Kirche.
Um es Pater Pio, der betete, gleichzutun, sagten auch sie, jeder auf seine Art, ein Gebet für den König von England, der ihnen völlig fremd war. Damit war die Sache für jenen Abend erledigt. Keiner von beiden fragte Pater Pio nach dem Grund dieser unerwarteten Aufforderung.
Die Erklärung bekamen sie am nächsten Morgen, als sie aus dem Radio und aus den Zeitungen erfuhren, dass Georg VI., König von England, gestorben war."
Noch einige wichtige Dinge zum Leben Padre Pios (von P. Alessio Parente):
Zu den Stigmata:
"Das Jahr 1918 ist für das geistige und mystische Erleben von Padre Pio von große Bedeutung. [...] Am Abend des 5. August erleidet Pater Pio das Phänomen der "Transverberation": es erscheint ihm eine geheimnisvolle Gestalt, die ihm mit einer Lanze das Herz durchbohrt. Am Morgen des 20. Septembers 1918 erscheint ihm dieselbe Gestalt wieder, wobei "von ihren Händen, den Füßen und aus der Seite Blut tropfte". Als die Gestalt wieder verschwindet, findet er sich selbst mit durchbohrten Händen, Füßen und Seite wieder. Er verliert dabei viel Blut."
1919/1920
Pater Pio wird von berühmten Ärzten untersucht, Prof. Luigi Romanelli aus Barletta, Prof. Amico Bignami von der Universität Rom, Dr. Giorgio Festa. Die Berichte der illustren Ärzte geben Anlass zu Polemiken und Diskussionen. Im April 1920 kommt P. Agostino Gemelli, der Gründer der Katholischen Universität Mailands zum Kloster, um die Wundmahle zu untersuchen, was ihm aber nicht gestattet wird. P. Pio wird nun ungewollt zum Problem für die Kirche, für die Wissenschaft und für die öffentliche Ordnung. Es gibt Versuche, P.Pio in ein anderes Kloster zu verlegen, worauf es zu Unruhen und Aufständen in der Bevölkerung kommt. Zeitweilig wird das Kloster von den Menschen umlagert und bewacht. [...]
1923
Im Mai erklärt das hl. Offizium, dass die Vorgänge, die Pader Pio zugeschrieben werden, keinen übernatürlichen Charakter haben. Die Gläubigen werden aufgefordert, sich dementsprechend zu verhalten. Am 17. Juni wird P.Pio verboten öffentlich die Messe zu feiern und an wen auch immer Briefe zu schreiben. Die Folgen sind immer große Unruhen.
1924
Das hl. Offizium verbietet am 24. Juli den Gläubigen jeglichen Kontakt zu P.Pio.
1933
Am 14. Juli erhält P.Pio mit einem Brief des hl. Offiziums an den Ordensgeneral der Kapuziner das Recht zurück, die Messe in der Kirche zu feiern, was er somit am 16. Juli zum erstenmal wieder tut. Bewegt nehmen die Gläubigen in großer Anzahl daran teil. Damit endet due Zeit der ablehnenden Haltung der kirchlichen Behörden P.Pio gegenüber, und der Versuch ihn aus S.Giovanni Rotondo zu entfernen.
1947
Im Mai beginnen die Arbeiten zum Bau des Krankenhauses "Casa Sollievo della Sofferenza". *13
*13(Aus: Padre Pio und die Armen Seelen, Padre Alessio Parente, übersetzt von Alexander Wagensommer, San Giovanni Rotondo, Foggia: 2007, S. 409 ff.)


Die Liebe ist nicht den Gesetzen des Lebens unterworfen
Iris Tumolo, St. Michael, Göttingen Juni/Juli 2012


Quellen:
P. Marcellino IasenzaNiro, "Il Padre", San Pio da Pietrelcina, Sacerdote Carismatico, Testimonianze, I-II, San Giovanni Rotondo (FG): 2006
Clemens Brentano, Anna Katharina Emmerick, Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus;
Johannes Steiner, Visionen der Therese Neuman, Regensburg:2007
Ulrich Horst, Die Gaben des Heiligen Geistes nach Thomas von Aquin, Berlin: 2001
Wilhelms Geerlings, Augustinus, Herder Spektrum, Freiburg im Breisgau
P. Alessio Parente, Pater Pio und die Armen Seelen, übersetzt von Alexander Wagensommer, San Giovanni Rotondo, Foggia: 2007

























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