There
are more things in heaven and earth, Horatio,
Than
are dreamt of in your philosophy.
(I,Sc
V, 175, Hamlet),
William Shakespeare
Francesco Forgione -
Padre Pio da Pietrelcina, San
Giovanni Rotondo
Wer Padre Pio kennen lernen
möchte, sollte von vornherein auf außergewöhnliche Ereignisse,
Begebenheiten, Zustände und Geschichten gefasst sein.
Da die biographischen Daten
über sein Leben zweitrangig sind, möchte ich sie in raschen
Schritten zusammenfassen, um lediglich einige Hintergründe zu
vermitteln.
Padre Pios bürgerlicher
Name ist Francesco Forgione, und er stammte aus Pietrelcina, in der
Provinz Benevent - die Stadt in der San Gennaro etwa 1600 Jahre
vorher Bischof war.
Geboren am 25. Mai 1887 als
Kind von Bauern, tritt er nach seiner Schulzeit als Novize dem
Kapuzinerorden bei, legt 1907 die Gelübde ab, und wird 1910 zum
Priester geweiht.
Schon während seiner Zeit
als Novize (1903-1907) hatte Padre Pio - der Name wurde ihm bei
seinem Beitritt als Ordensnamen verliehen - gesundheitliche Probleme,
er litt an Tuberkulose.
Etwa um die Zeit seiner
Priesterweihe treten bei ihm die ersten Anzeichen der Stigmatisation
in Form von Hautrötungen auf, in den folgenden Jahren, bis 1918,
werden Wunden an Händen, Füßen und Seite bemerkbar, die Aufsehen
erregten, und dazu führten, dass medizinischen Untersuchungen von
Seiten der Kirche angeordnet wurden. (Siehe dazu Ende des Artikels)
Ich möchte auf die wirklich
interessanten und oftmals kontrovers diskutierten Tatsachen
hinweisen, welche die Person Padre Pio ausmachen, und für seine
Verehrung gesorgt haben.
Aufgrund
seiner außergewöhnlichen
Fähigkeiten,
wird er zu den Charismatikern gezählt. Da ein Charismatiker ein
Mensch ist, dem "Gnadengaben" zuteil wurden, dass heißt,
Gnaden die
nur durch
die göttliche Gnade und sein Wohlwollen "geschenkt"
werden, haben wir es vordergründig mit den Gnaden und Gaben des
Heiligen Geistes zu tun, denn nur dieser
kann - nach menschlichem Ermessen nicht fassbar oder nachvollziehbar
- Gnaden erweisen und zuteil werden lassen.*1
Diese
sogenannten Gaben können
sich in der Materie, so wie sie bei Padre Pio zum Beispiel der Fall
waren, wie folgt manifestieren:
- Hellsichtigkeit (In der italienischen Sprache wird in dem Zusammenhang das Wort chiaroveggenza benutzt; dazu sei zu sagen, dass es in der deutschen Übersetzung dieses Wortes vielfache Möglichkeiten gibt, welche die Fähigkeit Padre Pios im Prinzip auch wiedergeben; ich möchte erwähnen, dass die Hellsichtigkeit zusammen mit dem Scharfblick und dem Weitblick bei Padre Pio gleichermaßen zusammenfallen.) Dieser Zustand befähigte ihn dazu - Padre Pio sprach mit den Menschen und konnte während des Gespräches "Gedanken und Gefühle erfahren -, "Einblick" in die Vergangenheit und die grundätzlichen Absichten des jeweiligen Menschen zu haben. Einstweilen, wusste er sogar von Menschen, die ihn noch nicht aufgesucht hatten, oder ihn aus verschiedenen Gründen nicht aufsuchen konnte und er "besuchte" sie; (siehe dazu Bilokation)
- Prophetische Vorausschau
- Kenntnisse von Fremdsprachen die er nie erlernt oder studiert hatte (ähnlich wie bei Terese Neuman von Konnersreuth)
- Gabe der Bilokation
- Gabe der Heilung/Die Macht Wunder zu wirken
- Die Gnade in der Eucharestie Jesus Christus zu sehen/ Sehen der Person Christi und sämtlicher anderer Heiligen-und Engelfiguren, sowie der Gottesmutter ( siehe Terese Neumann und Anna Katherina Emmerich)*2
- TraumErscheinungen (d.h. im Traum Menschen zu erscheinen, und ihnen persönliche Dinge zu sagen/vermitteln)
- Der visuelle Kontakt mit dem Jenseits - Padre Pio und die Toten
Padre Pio hatte Zeit seines
irdischen Lebens den ständigen Kontakt mit seinem Schutzengel,
konnte ihn sehen und mit ihm sprechen. Darüber hinaus besaß er die
Gabe die Schutzengel anderer Menschen zu sehen und mit ihnen zu
sprechen. Allerdings konnte er auch dunkle Mächte wahrnehmen, und
wurde von ihnen sogar auf körperliche Ebene bedrängt.
Nach dem Betrachten der oben
genannten Punkte mit "nüchternem" Verstand, kann man es
gut nachvollziehen, wenn man sich damit schwertut weiterzulesen. Ich
mache den Vorschlag - weiterlesen! Das ist wie im Studium, selbst
wenn man gerade nichts versteht, einfach beharrlich weitermachen, die
Erklärungen kommen früh genug.
Zu
dem Punkt Hellsichtigkeit/Scharfblick und Weitsicht möchte ich den
ital. Begriff scrutare
hinzufügen, dass zu deutsch etwa bedeutet: beobachten,
im Sinne von durchschauen,
und der im Zusammenhang mit Padre Pio erwähnt wird. Scrutare
im Hinblick auf die übersinnlichen Fähigkeiten Padre Pios bedeutet,
das es eigentlich eine Handlung beschreibt, die dem heute bekannten
Wort
scannen gleichkommt,
das alle aus der Welt der mordernen Nachrichtübermittlung kennen.
Ein
sogenannter Scanner kann alles was er auf einem Blatt Papier oder auf
einem Bild erfasst "eins-zu-eins" auf ein anderes Blatt
Papier oder Bild projiezieren; es
spiegelt das Original.
Padre Pio selbst sagte das zu einer Frau, zu einer sogenannten figlia
spirituale,
einer Schwester im Geiste während der Beichte: "Ich sehe deine
Seele, so wie du dich im Spiegel betrachtest." (L'anima tua la
vedo come tu ti vedi nello specchio." Aus: Appunti, S. Giovanni
Rotondo, 6.9.1996, in Testimonianze, IasenzaNiro)*3
Wenn
Padre Pio mit den Menschen sprach, die ihn aufsuchten, weil sie
beichten wollten, oder für körperliche Heilung und Genesung für
sich selbst, für Freunde und Familienangehörige baten, sowie für
die Wiederherstellung und Gesundung seelischer und psychischer
Fragilität, oder die nach der Suche ihres Lebensinnes und den damit
verbundenen Lebensaufgaben waren, und meist alle in einem Zustand der
Verzweiflung zu ihm kamen, mussten sie davon ausgehen, dass er ihren
seelischen Zustand "scannen" konnte, und somit sah, was sie
erlebt hatten, was sie getan hatten, was sie dachten, wollten und
fühlten - wer
sie wirklich waren;
in den meisten Fällen, die ich im Zuge der Recherche über Padre Pio
erfahren konnte, wurden diese Menschen zunächst in einem barschen
und rauhen Ton von dem Pater angefahren und dann "abgefertigt"
und scheinbar abgewiesen.
So ist von Fällen zu
berichten, die er, obgleich sie verzweifelt und verwirrt waren,
zunächst einfach mit groben Worten wegschickte. Diese schroffe Geste
war immer mit dem Zweck verbunden, dass die Menschen in ihrem
seelischen Zustand auf einem Prozess der Introspektion und
Selbstwahrnehmung und somit Läuterung "geschickt" wurden.
Sie hatten dann in den kommenden Wochen, Monaten oder manchmal sogar
Jahre einen nicht einfachen Weg zu sich selbst zu gehen, der aber der
einzige zu sein schien, um zu dem zu gelangen, das ihnen der Geist
Gottes durch den unfreundlichen und rauhen Ton des süditalienischen
Kapuzinerpaters zukommen ließ.
Somit
ist die Gabe der Hellsichtigkeit Padre Pios eine Gnade die mit allen
weiteren Gnaden zusammengehen und gehören. Die Gnade der scrutazione
dell'anima,
also der Erkennung und Durchschauung der Seele des Menschen, dem
Durchblick
in ihn und
in seine Absichten, führt unweigerlich die anderen göttlichen
Gnaden mit sich (und nach sich), und zwar die richtungsweisende (im
Sinne der spirituellen Entwicklung und Reifeprozesses des jeweiligen
Menschen, der bei Padre Pio Hilfe suchte) Hellsichtigkeit, die Gabe
des prophetischen Sprechens (siehe weiter unten 1Kor 12,11 / 1 Kor
12,4), die Gabe des Rates (siehe Thomas von Aquin, die Gaben des
Heiligen Geistes), und all die weiteren oben genannten "Gnadengaben"
Padre Pios.
Der
grundsätzliche Punkt, um sich diesem Geheimnis zu näheren, ist,
dass es sich - bei
allen Gaben -
um ein Geschenk handelt, dass heisst: derjenige der sie empfängt,
empfängt sie nicht um seinetwillen, - damit er etwa schön, reich
und berühmt wird -, sondern um der Anderen
willen,
d.h. GRATIAE GRATIS DATAE, sie werden der Person (wie z.B. Padre Pio)
geschenkt, damit dieser sie den
anderen Menschen
weiterschenkt und
sie ihnen zu
gute kommen lässt; dieser steht, in allem was er tut und sagt im
Dienste der Menschen. (1Pt 4, 10).
Das
ist wie bei dem Prinzip Arzt-Patient:
der Mediziner versucht mit den ihm gegebenen
Mitteln und Erkenntnissen alles, um dem Kranken zu helfen oder
vielleicht sogar zu heilen. Im Idealfall tut er es nicht um
seinetwillen, sodern um des Nächsten willen.
Nach
dem Glauben der katholischen Kirche, gibt es zwei sogenannte "Kanäle"
durch die der Geist Gottes, der Heilige Geist, fließt und sich
manifestiert: das sind zum einen die Sakramente, und zum anderen die
Charismen*4.
Die Charismen - Gnadengaben
des Heiligen Geistes - sind keine "katholische Erfindung",
bereits im Judentum waren sie bekannt. So hat der Prophet Jesaja
sechs Wesenszüge des Heiligen Geistes vorausgesagt:
"Doch aus dem
Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor... Der Geist des Herrn lässt
sich auf auf ihm nieder: Der Geist der Weisheit und der Einsicht, der
Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der
Gottesfurcht." [...] (Jes,11,2)
Im NT gibt es verschiedene
Listen der Gaben des Heiligen Geistes und zwar zu finden in
Röm 12,6
Kor 12,8-10
Kor 12,28-31
Eph 4,7
1 Petr 4, 9-11
Laut Kor 12, 8-10 sind die
Gaben des Heiligen Geistes
- Mitteilung von Weisheit
- Vermittlung von Erkenntnis
- Glaubenskraft
- Krankheiten heilen
- Wunderkräfte
- Prophetisches Reden
- Unterscheidung der Geister
- Zungenreden und deren Deutung
Thomas von Aquin sagt in
seinen Studien über die Macht des Heiligen Geistes folgendes: "In
die ewige Seligkeit führt (nur) der Heilige Geist, dem zu gehorchen
und zu folgen wir durch die Gaben vervollkommnet werden" (Summa
Theologiae I-II, 69,1)
Die
damit verbundenen Verben "führen", "hören",
"folgen", vor allem aber der
Heilige Geist als Prinzip der Bewegung vermitteln
uns einen subtsantiellen Teil dessen, was die Gnaden des Geistes
Jesus Christi vermögen, und woraus die Lehre Christi in ihrem Kern
besteht.
So hat sich, nach dem
Kirchenlehrer Thomas von Aquin, in der katholischen Lehre der Gaben
des Heiligen Geistes folgende Zusammenstellung ergeben, die in ihrer
Reihenfolge ihren Stellenwert erkennbar macht:
- Das donum intellectus (Einsicht/ Verstand)
- Das donum scientiae (Erlangung von Wissen(schaft) mittels der Macht des göttlichen Geistes/ heilige Wissenschaft)
- Das donum sapientiae (Weisheit)
- Das donum consilii (Rat)
- Das donum pietatis (Frömmigkeit)
- Das donum fortitudinis (Stärke)
- Das donum timoris (Gottesfurcht)
*5
Die Sakramentenlehre
Augustinus beinhaltet im Grunde eine große Spannbreite, da sie
entsprechend dem griech.Wort mysterion alles das bezeichnet, was in
Relation zur göttlichen Heilsordnung steht, da sie religiöse Riten
und Geheimnisse bezeichnen können; daher führen die Sakramente den
Menschen vom Äußeren, vom Sinnlichen, heute sagen wir
"materiellen", zum inneren Geheimnis hin.
Heutzutage ist die Bedeutung
des oder der Sakramente fast schon vergessen, werden nicht mehr
verstanden, weil unsere Aufmerksamkeit auf dem Äußeren und nicht
auf dem Inneren liegt.
Viele wissen nicht was die
Eucharestie, die Beichte, die Taufe, die Firmung, die Weihe, die Ehe,
die Sterbesakrament (Viatikum) in ihrer Substanz, in ihrem Kern
bedeuten.
In
ihnen allen ist das Kommen Christi, d.h. das sacramentum
incarnationis,
enthalten. Wenn wir also die Eucharestie empfangen, ist das der
höchste Ausdruck mit Christus vereint zu sein, wenn wir die Taufe
empfangen, sind wir durch das lebendige Wasser dessen Spender nur
Christus ist, von allem Dunklen befreit, wenn wir die Firmung
empfangen, schließt sich der Kreis der Taufe auf den Tod und den
Sieg über den Tod Jesu, da wir durch seine Liebe die Macht erhalten
haben alle Widersacherkräfte zu besiegen - wie Jesus es als
Gottmensch getan hat; wenn wir in der Beichte die Absolution
erhalten, dann empfangen wir den Heiligen Geist, der durch seine für
uns Menschen unerforschliche
Gnade der
Liebe alles Dunkle in uns vergibt und durchleuchtet, wenn wir die Ehe
oder die Priesterweihe empfangen, dann haben wir den Geist Gottes in
uns und in unsrere Mitte, als Bindeglied zwischen den Liebenden.
Somit erklärt sich, weshalb
Sakramente unauslöschlisch sind. Allen voran die Taufe, die Firmung
und die Priesterweihe.
Denn:
das Ursakrament ist Jesus Christus selbst.*6
*1,3,4,
P.
Marcellino IasenzaNiro, "Il Padre", San Pio da Pietrelcina,
Sacerdote Carismatico, II, San Giovanni Rotondo (FG): 2006
*2
Anna
Katherina Emmerick, Clemens Brentano, Das bittere Leiden unseres
Herrn Jesus Christus; Visionen der Therese Neuman, Johannes Steiner,
Regensburg:2007
*5
Die
Gaben des Heiligen Geistes nach Thomas von Aquin, Ulrich Horst,
Berlin: 2001
*6
Augustinus, Wilhelms Geerlings, Herder Spektrum, Freiburg im Breisgau
Scrutazione
dell'Anima/ Einblick in die Seele und Handlungen
(Aus
P.
Marcellino IasenzaNiro, "Il Padre", San Pio da Pietrelcina,
Sacerdote Carismatico, II
Cronistoria del Convento, S. 391-392, 8. Februar 1958):
Der junge Lino De Pieri aus
Padova, nähert sich Padre Pio in der Absicht seinen Segen zu
empfangen, aber der Pater blickt ihn streng an und weist ihn mit
folgenden Worten ab: "Nimm erst die Mitgliedskarte der
kommunistischen Partei aus deiner Brieftasche, am besten zusammen mit
den Bildern der üblen Frauen, die du so sorgfältig und eifersüchtig
aufbewahrst. Schämst du dich eigentlich nicht, mit solchen Bildern
herumzulaufen?
Der junge Mann zittert und
stammelt ein ängstliches "Ja".
Und der Pater weiter: "Und
da du nun entschlossen bist, sauber zu machen, wenn du nachher nach
Hause kommst, zerreise auch gleich die anderen schamlosen Dinge, die
du im Schubfach deines Schreibtisches aufbewahrst."
Scrutazione
e direzione spirituale/ Richtungsgebender Einblick und spirituelle
Führung
(vgl.
ebd. S. 249)
Im Jahre 1951 hatte Mario
Sanci ernsthafte Schwierigkeiten mit seiner Sehkraft. Er studierte zu
diesem Zeitpunkt, und befürchtete, dass er wegen seiner schwächer
werdenden Augen, das Studium abbrechen müsse. Irgendwie erfuhr er,
dass er sich mit "Gewalt, Zwang und Heftigkeit an Jesus Christus
wenden müsse", um Besserung seiner Lage zu erfahren.
Er hatte im Grunde
missverstanden, was eigentlich damit gemeint war: ein sich Widmen im
Gebet und sich Überlassen an Gott, durch eine konstante Versenkung
in Meditation, jedoch ohne etwas zu erwarten - in bescheidenster
Haltung.
Er schrieb Padre Pio einen
Brief, indem er ihm seine Situation schilderte, und schloss mit den
Worten ab: "Padre, ich verlange ein Wunder von Gott."
Einige Zeit später
entschloss er sich persönlich nach S. Giovanni Rotondo zu reisen, um
dem Pater kennen zu lernen und ihm selbst von seiner Erwartung nach
der nun endlich eintretenden "Grazia" (d.h. Wunder) zu
überzeugen. Am folgenden Tag, gelangte er irgendwie in die
Sakristei, konnte aber nicht vorstellig werden, um mit dem Pater zu
sprechen, da er von unzähligen Menschen umgeben war, die wie immer
versuchten, Padre Pio zu berühren, um seinen Segen zu empfangen,
oder auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln.
Als der Pater an ihm
vorrüberging, hörte der junge Mann ihn aber sagen:
"Was
verlangst du denn? Kannst du etwa
verlangen?"
Das
Lesen von Gedanken und Gefühlen (vgl.
ebd. S.252-54)
Ein Priester hatte sich auf
den Weg gemacht, um bei Padre Pio zu beichten und sich geistigen
Beistand zu erbeten. Auf der Fahrt im Bus von Foggia nach San
Giovanni Rotondo, versuchte er auf der etwa einstündigen Reise seine
Gedanken zu ordnen, um sich entsprechend auf das Gespräch mit dem
Padre vorzubereiten. Er bat den Heiligen Geist, um Durchlichtung
eines jeden Winkels seines Geistes und seiner Seele, damit er auch
nichts vergessen möge, was ihm wichtig und erwähnenswert erschien.
Als sich der Bus auf dem letzten Trakt der Reise befand - man konnte
die wuchtigen Berge des Gargano aus der Ebene von Foggia kommend
sehen - und beim Anblick San Giovanni Rotondos am Berg, war der
Geistliche von der Schönheit der Natur dieses Landstriches in
Apulien so beeindruckt, dass er seine Innenansicht abschloss und zu
sich selbst in Gedanken sprach: Dieses spirituelle Leben kommt mir
manchmal vor wie das Hochklettern an Glas.
Im convento angekommen, ging
er zu dem jeweiligen Bruder, der ihn zur Beichte melden sollte.
(Prinzipiell war es so, dass man sich in den 50er und 60er Jahren für
eine Beichte bei Padre Pio Wochen vorher in eine Warteliste eintragen
musste.)
Als die Reihe an ihn kam,
trat er in den Beichtstuhl ein, begrüßte Padre Pio und begann mit
dem Beichtgespräch. Nach dem Gespräch und der Erteilung der
Absolution, war dieser mit freudigem Gefühl erfüllt, die
entsprechenden Antworten und Ratschläge erhalten zu haben. Beim
Verlassen des Confessionale allerindgs schaute Padre Pio den Priester
noch einmal an und bemerkte belustigt: "also, das spirituelle
Leben erschient dir manchmal als würde man an Glas hochklettern?"
Dem Priester verschlug es
die Sprache, und er konnte lediglich die Erklärung darin finden,
dass durch Padre Pio tatsächlich der Gottes Geist wirkte und sprach.
Chiaroveggenza/
Hellsichtigkeit
Die Eigenschaft der
Hellsichtigkeit wird heutzutage in unserem modernen Sprachgebrauch
oftmals mit der Beschreibung "stark intuitiv"
gleichgesetzt. Was bei Padre Pio zutraf, und so auch bei anderen
Charismatikern, Sehern und Heiligen, die diese Gabe haben, so kann
nicht mehr von Intuition die Rede sein, sondern von einer Fähigkeit
die weit darüber hinaus geht, und somit nicht natürlichen Ursprungs
ist, also eine Eigenheit des Charakters ist, sondern einer
übernatürlichen Befähigung entspricht, da sie der Quelle der Liebe
Gottes entpringt.
Nicht immer wurden die
Ratschläge Padre Pios von den Menschen beherzigt und befolgt.
Im Mai 1968 ging Giuseppe
Barbagalli aus Catania nach S. Giovanni Rotondo, um bei ihm zu
beichten. Nachdem dieser die Absolution erhalten hatte, sagte er zu
ihm: Padre, ich habe da ein Mädchen kennengelernt, die würde ich
gern heiraten."
Und Padre Pio: " Hast
du ihr das gesagt, hast du mit ihr gesprochen?"
GB: "Nein, Padre."
PP erwiderte: "Und
worauf wartest du, dass sie zu dir kommt, ohne davon zu wissen?"
Giuseppe kehrte nach hause
zurück, aber aufgrund seiner Schüchternheit, fiel es ihm schwer die
Angelegenheit anzugehen. Im August des selben Jahres, einen Monat
bevor Pader Pio verstarb, kehrte er nach San Giovanni zurück, ging
erneut zur Beichte und gestand: "Padre, ich habe immer noch
nicht mit dem Mädchen gesprochen."
PP antwortete: "Was
willst du ihr denn jetzt noch sagen?!"
Dann, als er sich nochmal
dem Jungen zuwandte, bemerkte der junge Mann, dass ihn der Pater mit
einem seltsamen Blick musterte der "wie durch ihn hindurch in
die Ferne" ging, und plötzlich anfing in einer für den Jungen
unbekannten Sprache zu sprechen, die auch keine Ähnlichkeit aufwies
mit irgendeiner ihm bekannten mordernen oder altertümlichen Sprache.
Dann sagt Padre Pio zu ihm: "Bleibe standhaft und du wirst Hilfe
erfahren."
Von der mysteriösen Sprache
verstand der junge Mann nichts, aber er fragte sich, wieso er dem
Mädchen nichts mehr sagen brauche.
Die Verunsicherung wich, als
er, zurück in Catania erfuhr, dass sich das Mädchen kurz zuvor
verlobt hatte.
Kurze Zeit später lernte er
schließlich die Frau kennen, die er auch später heiratete, und die
von ihm zwei Kinder bekam: Francesco und Chiara. Als die Kinder noch
klein waren, erkrankte seine Frau schwer an MS. Der Krankheitsverlauf
war entmutigend (1968!) und sie konnte sich bald nur noch im
Rollstuhl fortbewegen.
In diesen schweren Stunden
seines Lebens vertiefte sich die Bindung des Mannes mit Padre Pio
noch mehr, obgleich dieser schon nicht mehr unter den Lebenden war;
im Gebet mit ihm vereint, verstand er allmählich die letzten Wort
des Heiligen, die ihm dieser zum Schluß auf den Weg gegeben hatte,
und sie wurden sein spiritueller und geistiger Beistand in den
dunklen Stunden.
(Aus Testimonianze,
S.269-70, Giuseppe Barbagallo, Giarre (CT) 25.04.1998)
Eine junge Frau die verlobt
war, geht eines Tages zu Padre Pio und erzählt ihm während der
Beichte ihr heftigen Schwierigkeiten, die sie in ihrer Beziehung
erfährt. Der Padre hört aufmerksam zu und sagt abschließend:
"Lascialo, che non è fatto per te." - Lass ihn, der ist
nicht für dich bestimmt.
Nach
Hause zurückgekehrt, hat sie nicht den Mut und traut sich einfach
nicht, den Verlobten zu verlassen. Sie führt die Beziehung weiter,
aber die Unstimmigkeiten spitzen sich zu, bis es schließlich dazu
kommt, dass er
sie
verlässt.
Das Mädchen ist nun schier
verzweifelt und kehrt zum Padre zurück. Als die Reihe an sie kommt,
nähert sie sich dem confessionale, aber als Padre Pio das Türchen
öffnet hat sie nicht die geringste Chance etwas zu sagen, denn er
faucht sie gleich in neapolitanischem Dialekt an: " eh fatt' a
mode tuje, e mo vatten'." - Hast es ja so gemacht wie du es
wolltest, also geh jetzt!
(Aus Testimonianze, S.
292, Ippolita Ricciardi, Foggia 22.12.1998)
Kenntnisse von
Fremdsprachen die nie erlernt worden waren
Zu
diesem Punkt könnte man schier entlose Begebenheiten aufzählen;
jene die mich am meisten beeindruckt haben sind die Zeugnisse der
amerikanischen Soldaten, die in den Kriegswirren in San Giovanni
Rotondo angespült wurden, und die Gelegenheit bekamen bei dem Padre
beichten zu können. Nach den Erinnerungen und Aufzeichnungen einer
Amerikanerin, Mary Pyle, - die nach ihrer ersten Begegnung mit dem
Padre beschloss ihrem seelenlosen Leben ein Ende zu setzen, und nach
San Giovanni umzog, um in seiner Nähe zu leben, - entnimmt man die
unzähligen Zeugnisse der jungen Amerikaner, welche - aus sämtlichen
Gegenden der USA in englischer Sprache mit der jeweiligen
sprachlichen Varietät, die es in der Welt der englischen Sprache nun
mal gibt, mit dem Padre probemlos kommunizieren konnten. Beinahe
jedesmal befragte Pyle die Männer, welche aus der Beichte kamen,
weil sie diesem Phänomen fassungslos gegenüberstand; sie fragte
dann: "Wie habt ihr denn miteinander sprechen können? Er
spricht doch überhaupt kein Englisch!" Die häufigtse Antwort,
die sie zu hören bekam war:"Ok, das ist mir nicht aufgefallen,
er konnte mir alles sagen, was mir wichtig war!"*7
*7
Aus
Testimonianze, S. 297, Dorothy M. Gaudiose, Maria
l'americana. La vita di Mary Pyle all'ombra di Padre Pio,
Ed. San Paolo 1995, 117.
Eine andere Geschichte hat
mich sehr berührt. Dazu muss man wissen, dass die italienische
Sprache, die sogenannte Hochsprache, so wie wir es z.B. von der
deutschen Hochsprache kennen, im grunde in Italien erst durch das
Medium des TVs jedem "zugänglich" gemacht worden ist. Die
italienische Hochsprache (genannt Standarditalienisch), ist immer mit
Regionalismen verbunden, und weist durch spezifische Dialekte der
einzelnen Provinzen, Städte und Dörfer unzählige Varietäten auf.
Das bedeutet, die Mundart/ Dialekt im Ort X kann eine komplett andere
sein als die im Ort Y, die nur 5 km voneinander entfernt sind.
Die italienische
Sprachlandschaft gilt deswegen (nach wie vor) als EL-Dorado für alle
Sprachwissenschaftler der Romanistik.
In einer Zeit also, als das
Fernsehen nicht die Macht über die Menschen hatte, gab es vor allem
für die einfache Bevölkerung, wenn sie nicht durch die Schule eine
entsprechende Bildung erfahren hatte, keine Chance in Italienisch zu
kommunizieren. Das konnte dazu führen, dass Dialekte, die sehr von
der italienischen Sprache abwichen, kaum oder überhaupt nicht
verständlich waren. Ein Sizilianer oder ein Italiener aus den
Abruzzen konnte nur mit Schwierigkeiten mit einem Italiener aus dem
Piemont kommunizieren. Wenn sie beide "ungebildet" waren,
gab es eben Probleme.
So kam eines Tages eine
ältere Frau aus dem Ort S. Mauro Pascoli (FO) in der Emilia Romagna
nach San Giovanni Rotondo. Eine "Landsmännin", beherbergt
sie, und sie berichtete über die große Sorge die sie hatte, da sie
kein Italienisch sprach, und überhaupt nicht wußte, wie sie sich
nun mit Padre Pio verständigen konnte. Anita, die Landsmännin
versuchte die Aufmerksamkeit der Bäuerin auf die Beichte zu lenken,
und weniger auf das vermeitliche Problem. Doch die Frau dachte
ständig daran, und war sehr besorgt. Als sie sich dem Beichtstuhl
näherte, dachte sie noch: "Du meine Güte, was soll ich denn
jetzt bloß sagen?". Da öffnete Padre Pio das Türchen des
Confessionale und in dem speziellen Dialekt aus ihrem Dorf fragte er
sie, seit wann sie nicht mehr gebeichtet habe. Die Frau ist wie vom
Donner gerührt, dachte, man würde ihr einen Streich spielen, tritt
wieder heraus und reist den Vorhang des confessionale zur Seite, um
zu sehen, wer dort im Beichtstuhl sitzt: Padre Pio, der ihr wieder in
ihrer Sprache antwortet: "Was denn? Statt zu beichten, fängst
du jetzt hier an zu gucken?"
Danach
sagte die Bäuerin zu Anita: "Hier unten (damit ist Süditalien
gemeint) gibt es ja schon echt seltsame Dinge."*8
*8
(Aus
Testimonianze S. 298-99, Don Probo Vaccarini, Rimini, 14.05.1998)
Bilokation
Aus der Zeit der Isolierung
P.Pios Seitens der Kirche (1923-1933), die ihm untersagt hatte, die
Messe zu lesen, die Menschen für jegliche Zwecke zu empfangen, und
die ihm grundsätzlich ein Verbot aller Tätigkeiten als Geistlicher
untersagten, stammt die folgende Erzählung.
Padre Agostino - sein
Beichtvater und Seelenführer - aus S. Marco in Lamis, einem Ort
wenige Kilometer von San Giovanni R. entfernt, besuchte P.Pio
während dieser Zeit oft im Konvent. Bei einem dieser Besuche, am 2.
Januar 1932, erzählt ihm P. Agostino von einer Reise, die er im
Dezember nach Florenz unternommen hatte, um dort dem Ordensbeitritt
einer lieben Freundin des Padre, Giuseppina Villani, die dann den
Namen Schwester Beniamina erhielt, beizuwohnen. Padre Pio ist über
seinen Bericht tief berührt. P. Agostino schreibt in seinem
Tagebuch:
In Florenz erzählte mir
eine Schwester des Ordens, dass ihr dort P.Pio erscheinen sei, um sie
zu trösten und zu segnen, dazu wollte ich ihn persönlich befragen.
Also sagte ich zu ihm: "Ich habe gehört, dass du ab und zu
kurze Reisen nach Florenz machst. Stimmt das? Eine Schwester hat mir
das und das erzählt, entspricht das der Wahrheit?"
"Padre, sì",
antwortete P.Pio demütig.
Aber dann folgt etwas noch
Unglaublicheres:
Das
Gespräch zwischen den beiden geht weiter und P. Agostino fragt: "Die
Schwester sagte mir, sie hätte dich gebeten auch Schwester Beniamina
zu besuchen und zu segnen, und du hättest ihr geantwortet: "Non
ho l'obbedienza", (diese
Erlaubnis habe ich nicht), stimmt
das?"
"Padre, sì".
Es
sei hier festzuhalten, dass der Begriff l'obbedienza
in
diesem Zusammenhang Gehorsam
bedeutet, und zwar dem superiore/
dem Oberen gegenüber, und heißt im Grunde, wann sich ein Bruder aus
dem Konvent entfernen darf und wann nicht.
Dieses
Zeugnis ist eine wichtige Erzählung, da sie dazu dient zu verstehen,
dass diese "kurzen Reisen" nicht vom P. Pio sondern von
"oben" geplant waren.*9
*9
(Aus
Testimonianze, P.Agostino Da S. Marco in Lamis, Diario, a cura di
p.Gerardo Di Flumeri, Ed. Padre Pio da Pietrelcina, S. Giovanni
Rotondo, 1971,62)
Prophetische
Vorausschau
Die folgenden Zeugnisse sind
fast schon unheimliche Geschichten.
Einige junge Mädchen aus
San Giovanni Rotondo begaben sich zu einem Treffen der Gifra, das ist
die Gioventù Francescana d'Italia. Sie lernten dort viele Menschen
kennen, und schlossen Freundschaften. Darunter war auch eine Frau
aus Trieste, die sich sehr für Padre Pio interessierte, und viel
über ihn erfahren wollte. Eines Tages gestand sie: "Ich gehe
nie zur Beichte, weil die Menschen die sich in der Nähe des
Beichtstuhls befinden, alles mithören." Nach der Zusammenkunft
wollte sie die Adressen der Mädchen haben, die sie als Glückspilze
betrachtete, da die Mädchen in der Nähe eines Heiligen lebten.
Kurze Zeit nachdem die
Mädchen nach Hause zurückgekehrt waren, erhielten sie einen Brief
von dieser Frau, die um dringende Hilfe und um Fürsprache Padre Pios
bat, da sie plötzlich erkrankt war: irgendetwas stimmte nicht mit
ihrer Aorta.
Eines der Mädchen, Nannina,
die mehr mit ihr Kontakt gehabt hatte, ging in das Konvent und sprach
mit Padre Pio, der ihr sehr ernst entgegnete:
"Sag ihr, sie hat sich
an mich wegen der Heilung ihres Körpers gewandt, aber nicht ihrer
Seele. Am besten sie lässt die Finger von all den miesen Zeitungen
und Magazinen, die sie zu hause rumliegen hat, und wendet sich jetzt
heiligen Schriften zu, und betet täglich den Rosenkranz, da sie es
noch schaffen kann sich zu retten. Ihr bleibt nur noch knapp ein
Monat zu leben."
Nannina musste all ihren Mut
aufbringen, das der Frau zu übermitteln.
Nach
einem Monat kam der Ehemann nach S. Giovanni Rotondo, der dem Padre
von dem Tod seiner Frau berichten wollte. Aber auch um sich wegen
seines Eingreifens zu bedanken. Padre Pio umarmte den Mann und sagte:
"Sie hat es gerade noch so geschafft."*10
*10
Aus
Testimonianze, Immacolata e Giovanni Russo, S. Giovanni Rotondo
2.12.1985)
Prophetische
Voraussau, TraumErscheinungen/Wunder wirken
*11
Wanda Sellach erzählt: "Im November 1942 fuhr ich von Cerignola
(bei Foggia) nach Turin, um dort meine Ausbildung bei dem Magistero
Professionale des Institutes San Francesco in der Via Giacosa 12,
aufzunehmen.
Eines Tages fand ein
Flächenbombardement auf Turin statt: ich lief um mein Leben, dabei
hatte ich den Eindruck, die Bomben folgten mir nach. Irgendwie hatte
ich es geschafft im Collegio heil anzukommen, aber die Mutter Oberin
riet uns allen, das Haus sofort zu verlassen, da es sich bereits
teilweise in Brand befand und keine Möglichkeit eines Schutzes bot.
Ich lief zurück auf die
Strasse, als mir plötzlich ein brennendes tragendes Teil vor die
Füße fiel, ich konnte nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Es war
Nacht aber die Stadt war durch das Feuer der Brände hell erleuchtet.
Ich erlebte tragische und entsetzliche Szenarien, Menschen die bei
lebendigem Leibe verbrannten, umherrirrende Kinder auf den Strassen,
Menschen die an den Fenstern oder den Balkonen qualvoll starben. Wie
ich aus dieser Hölle entkam, ist mir nicht klar. Am nächsten Tag
gelangte ich irgendwie zur Wohnung meines Onkels, in der Via Berutti
6.
Einige Wochen später
erhielt ich einen Brief meiner Mutter, indem sie mir von einem Traum
schrieb. Sie hatte in diesem Traum einen Brief vom Padre erhalten,
sie öffnete den Umschag und fand einen Zettel auf dem stand: "Kommt,
ich bin hier unten, ich warte auf euch." Unterschrieben mit
"P.Pio". Meine Mutter erinnerte sich an eine weitere
seltsame Sache des Briefes: auf dem Zettel war etwas zu erkennen,
dass aussah wie ein verblasstes Kreuz. Da sie für mich - bevor ich
nach Turin abgereist war - um Schutz bei Padre Pio gebeten hatte,
konnte sie sich den Traum nur so erklären, dass es eine Bestätigung
ihrer Bitte war.
Als ich zurück nach
Cerignola fuhr, gingen wir zu Padre Pio. Nach der Beichte erzählte
meine Mutter ihm von der Gefahr in der ich mich während der
Bombardierung Turins war. Sie erzählte ihm von dem Traum und fragte:
"Padre, ihr habt durch den Traum mit mir gesprochen, nicht
wahr?!"
PP: "Ja, wieso,
verwundert dich das?"
Meine Mutter: "Padre,
und dieses Kreuz?"
PP:
"In der Welt gibt es viel Trauer, und das war auch für dich
reserviert. Il
Signore l'ha cancellato -
Gott hat es gelöscht."
*12
(vgl.
ebd. S. 328-29, Wanda Sellach, S. Giovanni Rotondo 30.11.1995)
Prophetische
Vorrausschau und Reden/ Krankheiten heilen
Die wohl eindrucksvollste
und bekannteste Geschichte, die um Padre Pio in dieser Sparte
kursiert ist jene von Karol Wojtyla - Papst Johannes Paul II.
Als Johannes Paul II am 25.
Mai 1987 - zur Geburtstagsfeier Padre Pios nach San Giovanni Rotondo
kommt - besucht er den Ort zum dritten Mal in seinem Leben. Es sind
beinahe 40 Jahre vergangen, als er zum ersten Mal als gewöhnlicher
Priester an diesen verlassenen Ort in Apulien gekommen war. Damals,
1948, hatte ihm Padre Pio während der Beichte prophezeit, dass er
einmal Papst werden würde.
Als Wojtyla im Jahre 1962 -
bereits Bischof von Krakau - sich in Rom wegen des Zweiten
Vatikanischen Konzils aufhält, erreicht ihn ein Telegramm mit einer
derpimierenden Nachricht aus seiner polnischen Heimat: die Frau eines
sehr guten Freundes, Andrzej Poltawski, ist plötzlich schwer
erkrankt, und kämpft in der onkologischen Abteilung der Klinik in
Krakau um ihr Leben. Der polnische Bischof reagiert und schreibt dem
Padre nach Süditalien einen Brief, mit der Bitte um Fürsprache für
diese Frau mit vier Kindern. Wanda Poltawsaka, die von diesem Brief
oder von Padre Pio selbst womöglich nie etwas gehört hatte, wacht
am Morgen der geplanten Op frisch und munter, und ohne Schmerzen auf.
Schließlich - nach entsprechenden Untersuchungen - wird sie als
"geheilt" entlassen.
In der hlg. Messe die Karol
Wojtyla im November 1974 in der Krypta in San Giovanni Rotondo
feierte sagte er in seiner Predigt: "Padre Pio vermittelte uns
das bittere Leiden, den Tod und die Auferstehung unserers Herrn Jesus
Christus, durch sein Leben und seinen Lebensweg." - Ihm lag
fern, dass ihm ein anderes aber ähnliches Schicksal - das Attentat
und seine schwere Erkrankung - die letzten Jahre seines eigenen
Lebens kennzeichnen sollten.
Zu
diesem Zeitpunkt lag die Erwählung des Slawen zum Papst noch vier
Jahre von ihm entfernt, und die politische Relevanz seines
Pontifiktas noch im Dunkel der Geschichte: Sein Beistand und der
geistige Rückhalt den er den polnischen Werftarbeitern in den 1980er
Jahren gegeben hatte, der schließlich zum Zusammenbruch des
Kommunismus und zur Wende 1989 führte, und die Verständigung der
Religionen bei dem ersten Treffen 1986 in Assisi, sowie die
Entstehung des katholischen Weltjugendtages, die seinen Initiativen
entsprang, haben ihn zum "Medienpapst" und im modernen
Verständnis
zum "Charismatiker" werden lassen.
Padre Pio und die
Verstorbenen
....der König von
England.
Aus Padre Pio und die
Armen Seelen, Padre Alessio Parente, übersetzt von Alexander
Wagensommer, San Giovanni Rotondo, Foggia: 2007, S. 349-50)
"Die folgende Erzählung
stammt von P. Aurelio aus S. Elia a Pianisi, der Augenzeuge dieses
Vorfalls wurde.
Am Abend des 5. Februar 1952
befand sich P. Aurelio zusammen mit Dr. Sanguinetti in Padre Pios
Zimmer. Dr. Sanguinetti war Padre Pios Mitarbeiter beim Bau des
Krankenhauses "Casa Sollievo della Sofferenza" ("Haus
zur Linderung der Leiden") und überwachte den Fortgang der
Arbeiten, die zu jenem Zeitpunkt schon recht weit fortgeschritten
waren. Pater Pio saß an seinem Schreibtisch und die anderen beiden
neben ihm auf Stühlen in der winzigen Zelle.
Man unterhielt sich über
Verschiedenes. Es ging um nichts Wichtiges, nur um die üblichen
Dinge, den Ablauf des Tages, das Wetter, die Arbeit.
Plötzlich unterbrach Pater
Pio die Unterhaltung und sagte:
"Laßt uns für den
König von England beten!"
Er fügte nichts hinzu. Er
faltete die Arme über dem Schreibtisch, legte den Kopf darauf und
versank eine Zeitlang in Schweigen.
Die anderen sahen sich
verwundert an und fragten sich, was Pater Pio wohl gemeint haben
konnte, indem er so unvermittelt auf eine Person zu sprechen kam, die
mit ihrem Alltag, ihrem Land und auch mit dem katholischen Glauben
nichts zu tun hatte: den König von England, Oberhaupt der
anglikanischen Kirche.
Um es Pater Pio, der betete,
gleichzutun, sagten auch sie, jeder auf seine Art, ein Gebet für den
König von England, der ihnen völlig fremd war. Damit war die Sache
für jenen Abend erledigt. Keiner von beiden fragte Pater Pio nach
dem Grund dieser unerwarteten Aufforderung.
Die Erklärung bekamen sie
am nächsten Morgen, als sie aus dem Radio und aus den Zeitungen
erfuhren, dass Georg VI., König von England, gestorben war."
Noch einige wichtige
Dinge zum Leben Padre Pios (von P. Alessio Parente):
Zu den Stigmata:
"Das
Jahr
1918 ist
für das geistige und mystische Erleben von Padre Pio von große
Bedeutung. [...] Am Abend des 5. August erleidet Pater Pio das
Phänomen der "Transverberation": es erscheint ihm eine
geheimnisvolle Gestalt, die ihm mit einer Lanze das Herz durchbohrt.
Am Morgen des 20. Septembers 1918 erscheint ihm dieselbe Gestalt
wieder, wobei "von ihren Händen, den Füßen und aus der Seite
Blut tropfte". Als die Gestalt wieder verschwindet, findet er
sich selbst mit durchbohrten Händen, Füßen und Seite wieder. Er
verliert dabei viel Blut."
1919/1920
Pater Pio wird von berühmten
Ärzten untersucht, Prof. Luigi Romanelli aus Barletta, Prof. Amico
Bignami von der Universität Rom, Dr. Giorgio Festa. Die Berichte der
illustren Ärzte geben Anlass zu Polemiken und Diskussionen. Im April
1920 kommt P. Agostino Gemelli, der Gründer der Katholischen
Universität Mailands zum Kloster, um die Wundmahle zu untersuchen,
was ihm aber nicht gestattet wird. P. Pio wird nun ungewollt zum
Problem für die Kirche, für die Wissenschaft und für die
öffentliche Ordnung. Es gibt Versuche, P.Pio in ein anderes Kloster
zu verlegen, worauf es zu Unruhen und Aufständen in der Bevölkerung
kommt. Zeitweilig wird das Kloster von den Menschen umlagert und
bewacht. [...]
1923
Im Mai erklärt das hl.
Offizium, dass die Vorgänge, die Pader Pio zugeschrieben werden,
keinen übernatürlichen Charakter haben. Die Gläubigen werden
aufgefordert, sich dementsprechend zu verhalten. Am 17. Juni wird
P.Pio verboten öffentlich die Messe zu feiern und an wen auch immer
Briefe zu schreiben. Die Folgen sind immer große Unruhen.
1924
Das hl. Offizium verbietet
am 24. Juli den Gläubigen jeglichen Kontakt zu P.Pio.
1933
Am 14. Juli erhält P.Pio
mit einem Brief des hl. Offiziums an den Ordensgeneral der Kapuziner
das Recht zurück, die Messe in der Kirche zu feiern, was er somit am
16. Juli zum erstenmal wieder tut. Bewegt nehmen die Gläubigen in
großer Anzahl daran teil. Damit endet due Zeit der ablehnenden
Haltung der kirchlichen Behörden P.Pio gegenüber, und der Versuch
ihn aus S.Giovanni Rotondo zu entfernen.
1947
Im
Mai beginnen die Arbeiten zum Bau des Krankenhauses "Casa
Sollievo della Sofferenza". *13
*13(Aus:
Padre Pio und die Armen Seelen, Padre Alessio Parente, übersetzt von
Alexander Wagensommer, San Giovanni Rotondo, Foggia: 2007, S. 409
ff.)
Die Liebe ist nicht den
Gesetzen des Lebens unterworfen
Iris
Tumolo, St. Michael, Göttingen Juni/Juli 2012
Quellen:
P.
Marcellino IasenzaNiro, "Il Padre", San Pio da
Pietrelcina, Sacerdote Carismatico, Testimonianze, I-II, San
Giovanni Rotondo (FG): 2006
Clemens
Brentano,
Anna Katharina Emmerick, Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus
Christus;
Johannes
Steiner, Visionen der Therese Neuman, Regensburg:2007
Ulrich
Horst, Die
Gaben des Heiligen Geistes nach Thomas von Aquin, Berlin:
2001
Wilhelms
Geerlings, Augustinus, Herder
Spektrum, Freiburg im Breisgau
P.
Alessio Parente, Pater Pio und die Armen Seelen, übersetzt
von Alexander Wagensommer,
San Giovanni Rotondo, Foggia: 2007